So war es vor 100 Jahren

Unser nächstes Thema war die „Schule vor 100 Jahren“. Wir waren uns sicher, dass sich viel verändert hat. Aber was genau, das wollten wir näher untersuchen und so haben wir uns auf den Weg in das „Schulhausmuseum“ in Hollingstedt gemacht. Dort wurden wir sehr freundlich von dem „Fräulein Lehrerin“ begrüßt. Diese Rolle hat Frau Gramlow übernommen, die Ehefrau des letzten Rektors der Volksschule, die 1958 geschlossen wurde. Heute beherbergt sie dieses Museum und einen Kindergarten.

Wir wurden  in das Schulzimmer geführt, in dem wir auf den engen Bänken Platz nehmen konnten. Früher saßen in dem Raum über 50 Kinder der Klassenstufen 1 bis 4. Es muss eng gewesen sein. Zunächst erfuhren wir eine Menge über die Einrichtung des Raumes: die Tafel, das Stehpult des Lehrers, das Harmonium, den Ofen, für den die Kinder u. a. Kuhdung als Brennmaterial mitbringen mussten, die Schautafeln und die Bilder des letzten deutschen Kaiserpaares, die in keinem Klassenzimmer fehlen durften. Frau Gramlow zeigte auch eine große Sammlung alter Schulranzen aus der Zeit. Über die pädagogischen Grundsätze hatten wir vorher schon gesprochen und so erwarteten die Kinder mit einem etwas mulmigen Gefühl den berühmten Rohrstock, den der Lehrer benutzen durfte. Natürlich zeigte Frau Gramlow ihn nur, aber sie las auch aus dem früheren „Strafbuch“ vor, in dem alle verhängten Strafen aufgeführt waren: 100 Stockschläge auf das Gesäß waren durchaus möglich.

Nach der Frühstückspause wurden einige Kinder „verkleidet“: Die Jungen bekamen den Matrosenkragen um und die Mädchen eine Kleiderschürze und Haarbänder ins Haar. Nun wurde eine Schulstunde demonstriert, die natürlich mit der Kontrolle der Hände begann, dann gab es ein Gebet, wir schrieben mit dem Griffel auf der Schiefertafel und am Ende sangen wir zu Ehren des Kaisers ein Geburtstagslied.

Am Ende hatten wir noch Zeit, einen Blick in die Lehrerwohnung zu werfen: die gute Stube, das Schlafzimmer, in dem der Lehrer, seine Frau und fünf Kinder schliefen und in die große Diele.

In der Rückschau zu Hause sagten die Kinder, dass ihnen einige Dinge schon gefallen hatten, sie aber doch lieber heute zur Schule gehen würden.

Gertrud Lorenzen

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